💛 Warum ich mich heute nicht mehr für meine Gefühle entschuldige

Über emotionale Freiheit, authentisches Sein und den Mut, so zu fühlen, wie man fühlt.

Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe,
dass meine Gefühle nicht falsch sind.
Dass sie nicht peinlich sind.
Dass sie nicht verboten sind.
Und dass ich mich nicht entschuldigen muss
für das, was in meinem Inneren entsteht.

Denn ich wurde — wie so viele Kinder der 60er Jahre —
anders erzogen.

Gefühle waren nicht erwünscht.
Nicht laut, nicht wild, nicht ehrlich, nicht unbequem.

Wir sollten funktionieren.
Brav sein.
Ruhig sein.
Gefügig sein.
Und vor allem:
Gefühle zurückhalten.
Gefühle entschuldigen.



🌿 Die Erziehung der 60er: Gefühle waren Störungen

Ich erinnere mich noch sehr genau:

Wenn ich weinte oder wütend war,
wenn ich etwas nicht so machte wie erwartet,
wenn ich eine eigene Meinung hatte,
wenn ich mich weigerte, mich zu entschuldigen —

dann passierte etwas, das mir bis heute im Gedächtnis blieb.

Ich musste sitzen bleiben.
Stundenlang.
Warten.
Aushalten.
Mich „beruhigen“.
Mich „fügen“.

Und am Ende — ob ich wollte oder nicht —
musste ich „Entschuldigung“ sagen.

Nicht, weil ich mich falsch verhalten hatte,
sondern weil meine Gefühle - mein Verhalten - nicht genehm waren.

Das war der Anfang einer jahrelangen inneren Dressur:
Ich lernte, dass ich falsch bin,
wenn ich fühle.

Dass ich mich schämen muss für Ärger,
entschuldigen muss für Tränen,
verstecken muss für Freude,
anpassen muss für Echtheit.

Und ich glaube, Millionen Kinder damals haben das genauso erlebt.



🌧️ Die Folgen: Ein Leben, in dem man sich selbst unterdrückt

Dieses „Du musst dich entschuldigen“
zieht sich in das ganze Leben hinein:

man hat Schuldgefühle, wenn man wütend ist

man fühlt sich falsch, wenn man traurig ist

man entschuldigt sich dafür, überfordert oder müde zu sein

man sagt „Sorry“, wenn man Grenzen setzt

man sagt „Tut mir leid“, wenn man Nein sagt


Man entschuldigt sogar sein eigenes Sein.

Und das ist fatal.

Denn Gefühle sind nicht falsch.
Gefühle sind menschlich.
Gefühle sind wahr.
Gefühle sind ein Teil von uns.

Und wir haben ein Recht darauf —
ein elementares Menschenrecht —
sie zu fühlen.


🌼 Authentisch zu sein ist keine Rebellion – es ist Selbstachtung

Heute weiß ich:
Wer seine Gefühle ehrlich lebt,
lebt mutig.

Wer sagt „Ich bin traurig“,
ist stark.
Wer sagt „Ich bin wütend“,
ist klar.
Wer sagt „Ich fühle das jetzt“,
ist authentisch.

Und authentisch zu sein bedeutet nicht,
anderen zu schaden.
Es bedeutet, sich selbst nicht länger zu verleugnen.

Ich sehe die Gesellschaft heute und bemerke etwas Ironisches:
Alle reden von Freiheit,
doch gleichzeitig will jeder dem anderen vorschreiben,
wie er zu leben hat.
Was er essen soll.
Wie er aussehen soll.
Wie er denken soll.
Wen er lieben soll.
Welche Meinung er zu haben hat.

Es ist dieselbe Unterdrückung —
nur mit moderner Verpackung.

Und ich sage:
Ich mache da nicht mehr mit.



🌸 Meine Gefühle gehören mir – und ich stehe zu ihnen

Ich entschuldige mich nicht mehr für das, was in mir ist.

Nicht für meine Freude.

Nicht für meine Traurigkeit.

Nicht für meine Wut.

Nicht für mein Glück.

Nicht für meine Schwäche.

Nicht für meine Wahrheit.


Ich entschuldige mich nicht für mein Lachen
und nicht für meine Tränen.

Ich entschuldige mich nicht für mein „Nein“
und nicht für mein „Ja“.

Ich entschuldige mich nicht für das,
was mich zu mir macht.

Denn Gefühle sind keine Ungehörigkeit.
Gefühle sind keine Frechheit.
Gefühle sind keine Störung.

Gefühle sind Leben.



✍️ Mein Schreiben – ein Ort, an dem alle Gefühle willkommen sind

Vielleicht ist das Schreiben auch deshalb so heilsam für mich:
Es ist der eine Ort, an dem all meine Gefühle Platz haben dürfen.

Ich kann dort wütend sein,
zärtlich,
verletzlich,
hoffnungsvoll,
verzweifelt,
fröhlich.

Ich kann meinen Figuren Gefühle schenken,
die ich früher unterdrückt habe.

Ich darf sein.
Ich darf fühlen.
Ich darf schreiben, was ich nie aussprechen durfte.

Und genau das macht das Schreiben zu einem Akt der Freiheit.
Ein Raum, in dem nichts entschuldigt werden muss.



💛 Gefühle brauchen keine Entschuldigung – sie brauchen Raum

Heute weiß ich:
Ich darf fühlen, was ich fühle.
Ohne Erklärung.
Ohne Rechtfertigung.
Ohne Scham.

Gefühle sind kein Fehler.
Gefühle sind ein Wegweiser.
Gefühle sind meine Wahrheit.

Und ich bin nicht länger bereit,
mich für meine Wahrheit zu entschuldigen.

Ich bin ich —
und das ist genug.


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