Schriftstellerei heute — ein persönlicher Blick

Wenn ich online unterwegs bin, fällt mir eines immer wieder auf: Schreiben ist längst kein stilles Nischenhobby mehr. Überall sehe ich Menschen, die Bücher schreiben, Blogs pflegen, Texte teilen — und das nicht nur ab und an, sondern mit Herzblut, Ambition und oft auch einer Portion Verzweiflung. Früher fühlte sich das Berufsbild „Schriftsteller“ anders an, exklusiver, weniger laut. Heute ist es bunt, laut und unglaublich groß.

Das finde ich faszinierend und ein bisschen überwältigend zugleich. Plattformen wie Amazon oder Self-Publishing-Angebote haben einen ganzen Kosmos eröffnet: Jede*r kann etwas veröffentlichen. Das ist großartig — es öffnet Türen für Stimmen, die früher vielleicht nie gehört worden wären. Gleichzeitig hat das eine Kehrseite: Ein übersättigter Markt, schwer zu durchdringende Sichtbarkeit, und für viele die bange Frage: Wird überhaupt jemand mein Buch lesen? Werde ich je verlegt? Reicht das Ganze für ein Auskommen?

Ich lese immer wieder, wie sehr manche Autor*innen daran hängen — nicht nur finanziell, sondern emotional. Voller Einsatz, Hoffnung und manchmal Aufopferung. Und dann die Enttäuschung, wenn ein Buch keinen Weg in die Welt findet oder wenn die Community nicht so groß wird wie erhofft. Das kann müde machen. Sehr müde.

Für mich persönlich war und ist Schreiben etwas anderes. Ich wollte schon immer schreiben. Es ist kein akutes Geschäftsmodell in meinen Erwartungen, kein sicherer Lebensunterhalt, kein schneller Weg zum Ruhm. Für mich ist Schreiben Seelenarbeit: ein Raum, in dem ich denken, ordnen, träumen und erzählen kann. Das ist kein kleiner Trostpflaster — das ist der eigentliche Gewinn. Wenn mein Text mich selbst überrascht, wenn eine Figur mich zum Lachen bringt oder mich nachdenklich zurücklässt — das reicht mir.

Dennoch sehe ich die Realität klar: Wer vom Schreiben leben will, braucht oft viel mehr als Talent. Marketing, Community-Aufbau, Sichtbarkeit, Netzwerken — das sind Skills, die vieles verändern. Und nicht jeder möchte sich darauf einlassen oder kann es leisten. Daher empfinde ich manchmal Mitgefühl und Respekt vor denjenigen, die beides versuchen: künstlerisch zu sein und gleichzeitig das Geschäft hinter dem Schreiben zu meistern.

Am Ende finde ich es tröstlich, dass es Platz für beides gibt. Für die, die kämpfen, um gelesen zu werden — und für die, die schreiben, weil es sie erfüllt. Für mich gilt: Ich schreibe, weil es mich lebendig macht. Wenn andere Wege daraus entstehen, wunderbar. Wenn nicht — auch gut. Schreiben bleibt meine Art, die Welt ein kleines bisschen klarer und bunter zu machen.

Und du? Schreibst du, weil du leben willst, weil du gehört werden willst — oder beides? Ich bin gespannt auf deine Gedanken.

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